Der ABC-Macher
The following article is written in German as it was originally published in issue No.4, 2010 of Sabine, the quarterly, high gloss magazine by the design department of the FHP (Fachhochschule Potsdam, Germany). Luc(as) de Groot teaches type design at the FHP. It appears with kind permission of the editor in chief. Please write to sabine@fh-potsdam.de to receive a free copy.
Eigentlich müsste ihn jeder in Deutschland kennen, flimmert seine Arbeit doch täglich durch die ARD. Von A bis Z nutzen Werbekampagnen, Wegeleitsysteme und Verpackungen die Arbeit von Luc(as) de Groot. Er entwarf für Le Monde (Floris), den Spiegel (Spiegel), die TAZ (Taz) und einige Zeitungen mehr: Luc(as) de Groot ist Schriftdesigner. Seine immens ausgebaute Schriftfamilie Thesis wurde zum Meilenstein dessen, was an Systematik und Perfektion erreichbar ist. 2000 gründete er die Typefoundry »LucasFonts« und hat an der FH Potsdam seit 1997 eine Professur für Schriftentwicklung.
Es hat sich eingeregnet, als wir in dem Schöneberger Hinterhof ankommen, in welchem Luc(as) de Groot sein Büroanwesen hat. Während andere Hausrücken Berlins bei solchem Wetter nur noch grauer werden, sieht dieser Hofgarten jetzt noch paradiesischer aus. Das Büro von LucasFonts liegt zu ebener Erde und ist gerammelt voll mit Tischen, Bildschirmen – wir hätten uns den Spaß machen sollen, sie zu zählen – und Buchstaben aller Größe und Art. Es ist eine begehbare Schatzschatulle – vorausgesetzt natürlich, dass man Buchstaben mag!
Luc(as) de Groot liebt Buchstaben. Ihnen widmet er Zeit, seine Ruhe und Aufmerksamkeit. Geboren ist Luc(as) nahe der holländischen Nordseeküste, da, wo die Zwiebeln blühen, in Noordwijkerhout bei den Feldern aus Tulpen, Hyazinthen und Narzissen. Dort machte er Abitur, ging zum Studieren dann nach Den Haag. Maler wollte er werden, als er sich an der Kunstakademie bewirbt. Noch in der Schulzeit hatte er sieben Ausgaben der Schulzeitung herausgebracht – alle wohlgemerkt in einem Jahr! Wenn man das Wort Freak anerkennend benutzen darf, ja, dann war Luc(as) schon als Kind ein Freak. Sich wenig um die Schule gekümmert zu haben, können wohl sehr viele von sich behaupten. Luc(as) aber verbrachte die Zeit in einer selbstgebauten Dunkelkammer und bastelte sich ins bunte Leben: Schmuck und kleine Geräte und Fotos sowieso.
An der Akademie dann legt man ihm beim Sichten der stattlichen Bewerbungsmappe voller Filmplakate und Zeichnungen ein Studium der Grafik nah. Und wiewohl es nicht das ist, was Luc(as) de Groot vor Augen hatte, geht er in seinem Studium auf: von allem macht er viel; vertieft sich in Illustration. Das Diplom besteht aus fächerumfassenden Prüfungen in Fotografie, Illustration, Schriftgestaltung, Typografie, Verpackungs- und Corporate Design. Zur Diplomschau 1989, die an der Akademie eine Woche lang dauert, kommen zahlreiche Designbüros – Luc(as) kriegt Aufmerksamkeit vom Studio Dumbar aus Rotterdam. Im letzten Jahr des Studiums geht er als Praktikant in das Den Haager Designbüro Studio Tint, bald darauf nach Amsterdam zu der großen Corporate-Design-Agentur BRS Premsela Vonk, die heute unter Edenspiekermann firmiert. Er bleibt dort vier Jahre und wird auf jene Jobs angesetzt, die mit Logos und Schrift zu tun haben. Er wird verantwortlich für den Einkauf von Schriften und hat bald eine erhebliche Datenbank angelegt. Das war von 1989 bis ’93.
Die Arbeit als Gestalter zu der Zeit ist bedingt von 13-Zoll-Monitoren, 300-dpi-Druckern und keiner guten Software – ganz zu schweigen von Datenträgern, die unkompliziert noch keine Datenmassen fassen können. Wenn Luc(as) Schriften macht, geschieht die Arbeit gänzlich anders als heute, nämlich analog: In Groß werden viele Reinzeichnungen angefertigt, bei Linotype werden die Buchstaben auf rotem Film sauber geschnitten und schließlich produziert eine Maschine über zwei bis drei Jahre setzbare Schrift. Schriften entdeckt hat Luc(as) irgendwie immer schon: Als Kind – wenn er Buchstaben in den Spuren täglichen Lebens sah, als Schüler – wenn er die Überschriften seiner Schulzeitung malte und später auch professionell – als Freelancer oder angestellt. Richtig los ging es damit in Berlin.